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              Gebäude mit Diabas – hat es das gegeben? Diese Gesteinsgruppe assoziiert nach aktuellen Gesichtspunkten das Image eines Massenrohstoffs, 
              der aus vorteilhaften Gründen Verwendung im Straßen- und Gleisbau fand und immer noch findet. 
              Dem ist nichts entgegen zu halten, doch es gibt eine oft übersehene Seite der Diabasverwendungen zu entdecken.
              
				Der Beitrag beabsichtigt nicht, die aktuelle Gesteinsklassifikation der hier vorliegenden Diabase nach Fettes & Desmons (2007) zu erörtern. 
                Mit diesem Objektbeispiel wird auf eine architektonische Verwendung aus der Gesteinsgruppe der Metabasite verwiesen, die im Vogtland eine 
                häufige landschafts- und architekturprägende Wirkung entfalten. Den natürlichen Ausgangspunkt bilden Basalte des oberdevonischen Vulkanismus in der 
                Vogtländischen Mulde, bei denen im Verlaufe der Alterung einer Veränderung ihres Mineralbestandes (Vergrünung) eintrat. Zur ausführlichen Information 
                über dieser Thematik sei auf die benannten Veröffentlichungen verwiesen.
                
				Der Gebäudekomplex der Textilfachschule in Reichenbach i.V. eröffnet einen Blickwinkel auf die 
                Gestaltungskraft dieser regionalen Gesteine. Die beschwerliche Arbeitsweise mit einem zähen Gestein von hoher 
                Dichte (2,82 bis 2,89) zeugt vom Optimismus der Steinbrecher und -verarbeiter, 
                aus weitgehend ungünstigen Lagerstättenverhältnissen und einem sich eigenwillig 
                spaltenden Gestein, den Bauauftraggebern ein Material zur Verfügung zu stellen, das eine im Rückblick unerwartete, jedoch beachtliche optische Wirkung entfaltet.
                
				Mit der Höheren Textilfachschule, die Vorgängerinstitution trug seit 1920 diesen Namen, schuf die Stadt Reichenbach mit 
                Unterstützung des damaligen sächsischen Wirtschaftsministeriums eine räumlich und technisch großzügig ausgestattete Bildungsstätte. 
                Vom Beschluss zur Errichtung bis zur Inbetriebnahme vollzog sich die Bauphase zwischen 1924 und 1927, die mit den Einweihungsfeierlichkeiten am 28. und 29. Oktober abschloss.
                
				Der von der Klinkhardtstraße und am Obermylauer Weg sich hinziehende Gebäudekomplex entstand nach 
                Entwurfsarbeiten von Rudolf Ladewig und Bruno Grimmeck. Die Bauleitung lag in den Händen des Reichenbacher Stadtbaurates Wolfgang Rudorf.
				
				Die mit expressiven Elementen gestaltete Fassade, ein Beispiel für das Bauen der Neuen Sachlichkeit, besitzt einen Sockel 
                aus unregelmäßig formatierten, mitunter schrägwinkligen Diabasquadern. In ähnlicher Weise wurden die etwa kniehohen Mauerstreifen an den 
                Zugangswegen errichtet, die jedoch Plattenabdeckungen aus Theumaer Fruchtschiefer besitzen. In das Auge des Betrachters fallende Diabaselemente sind 
                besonders die wuchtigen Fensterstürze und die etwas schlanker ausgeführten Sohlbänke im Sockelgeschoss. Der mit Diabas versehene Sockelbereich besteht aus 
                Stücken, die eine gespaltene Oberfläche besitzen. Mit der praktizierten Setztechnik kommen im Sichtbereich sowohl dunkelgrüne als auch durch Kluftminerale 
                farbig variierende Spaltebenen zur Geltung, was der Bauwerkbasis ein betont lebendiges Farbspiel verleiht.
                
				In der Festschrift von 1927 zur Einweihung der neuen Ausbildungsstätte ist zum Farbkonzept des Architekturensembles vermerkt: 
                „Der rostrote, ruhig wirkende, einheitliche Fassadenputz über dem lebhaften heimischen Grünsteinsockel, …“. Die damalige Baubeschreibung zeugt von einer gewollten 
                Farbgestaltung mit natürlichen Tönungen. Es war eine im vogtländischen Reichenbach ansässige Baufirma, die sich mit Auftragsausführung einer 
                unzweifelhaft körperlich schweren Arbeit unterzogen hat. Dabei entstand eine heute noch optisch beeindruckende wie 
                bauphysikalisch bemerkenswerte Sockelzone, die der Unverwechselbarkeit des Gebäudes eine eigene Note gibt.
   
			
               
                
                
 
    
Höhere Textilfachschule Gesamtansicht
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Höhere Textilfachschule Sockelgeschoss.
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Höhere Textilfachschule Sockelzone.
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Höhere Textilfachschule in Reichenbach im Vogtland, Reichenbach
Lage:
Klinkhardtstraße / Obermylauer Weg
08468 Reichenbach im Vogtland
GPS:
50.62378, 12.29004
Entstehungszeit:
bis 1927
Entwurfsverfasser/Umsetzung:
Rudolf Ladewig
Bruno Grimmeck
Wolfgang Rudorf
Gesteine:
Diabas, aus einem vogtländischen Vorkommen
Theumaer Fruchtschiefer, Theuma
Alter / Lithologie:
Diabas: Oberdevon
Fruchtschiefer: Ordovizium–Silur (im Karbon: Kontaktmetamorphose)
Abbau:
Diabas, nicht nachgewiesen
Theumaer Fruchtschiefer: Steinbruch Theuma
Literatur:
FETTES, D. & DESMONS, J. (2007): Metamorphic Rocks. A Classification and Glossary of Terms. -- Cambridge (Cambridge University Press).
FREYER, G. (1995): Geologie des Vogtlandes; Plauen (Vogtland Verlag Plauen).
HEINZ, F. & Siedel, H.(2020): Diabase des sächsischen Vogtlandes und ihre Nutzung in der Architektur. -- In: Veröffentlichungen des Museums für Naturkunde Chemnitz, 43: 43–78.
Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie & Unternehmerverband Mineralische Rohstoffe (UVMB) (2017): Gestein des Jahres 2017, Diabas. -- Jena / Leipzig.
WAGENBRETH, O. (1970): Naturwissenschaftliches Grundwissen für Ingenieure des Bauwesens. -- Band 3, Technische Gesteinskunde; Berlin (Verlag für Bauwesen)
VIEBAHN, W. (2011): Zur Geschichte der Textilfachschule. Online-Ressource: http://www.bitex-reichenbach.de/index.php/geschichte-der-tex
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