Objekt des Monats
Hinweis: Der ursprünglich als Bohus-Granit einstufte Naturwerkstein des Sockels wird nach einem Hinweis
als Virbo-Granit eingestuft. Korrigiert: 30.10.2021
Das am 8. November 1896 eingeweihte Denkmal für Johann Baptist Lingg steht am Linggplatz in Bad Hersfeld.
Johann Baptist Lingg ging als „Mann von Hersfeld" und als „Retter der Stadt" in die Geschichtsbücher des Ortes ein.
Das Standbild
Das Bronzestandbild, das Johann Baptist Lingg in zeitgenössischer Uniform mit Mantel und Säbel zeigt, wurde von dem damals sehr bekannten Berliner
Bildhauer Felix Görling geschaffen. Den Guss übernahm die ebenfalls in Berlin-Friedrichshagen ansässige Gladenbecksche Gießerei
(Inhaber Carl Gustav Hermann Gladenbeck). Den Sockel lieferte die Firma Wölfel & Herold aus Bayreuth. Dokumentiert ist dies insbesondere
durch die Gravur auf der Rückseite des Sockels.
Der Sockel
Der Sockel besteht aus drei unterschiedlichen Naturwerksteinen (von unten nach oben): Fichtelgebirgsgranit, Ochsenkopf-Proterobas (Fichtelgebirge),
Virbo-Granit (Schweden).
Fichtelgebirgsgranit
- Merkmal: Grau-gelblicher grobkörniger Granit („G3“-/“Kerngranit“) aus dem Fichtelgebirge (keine regionale Zuordnung)
- Alter: Oberkarbon/Perm
Ochsenkopf-Proterobas
- Gesteinsart: Lamprophyr („Meta-Diabas“), Mikrogabbro
- Namensgebung: Die Bezeichnung „Proterobas“ wurde eingeführt von Gümbel (1874).
- Alter: postgranitisch (Perm)
- Vorkommen: Fichtelgebirge, Ochsenkopf als NW-SE verlaufende subvulkanische Förderspalte mit einer Erstreckung von rund acht Kilometern und einer Breite von 5 bis 25 Metern.
- Abbau: heute nicht mehr im Abbau (zuletzt ca. 1970). Einstiger Abbau in rund 25 Steinbrüchen.
- Mineralbestand: Plagioklas 49%, Muskovit, Chlorit, Serpentin auf Plagioklas 15%, Pyroxen 16%, Erz 8%, Hornblende 4%, Biotit 3%, Quarz 3%, Akzessorien 2% (Epidot/Zoisit, Rutil, Apatit) (Grimm 2018).
- Beschreibung: feinkörnig, grünschwarz; typisch ist das ophitisches Gefüge der wirr angeordneten Feldspatleisten/-leisten; Grünfärbung durch Chloritisierung.
- Verwendung: deutschlandweit, insbesondere als Grabdenkmalstein, Wand- und Bodenplatten (häufig Kopfsteinpflaster), Massivbauten, Bildhauerei, technische Steinkörper (z.B. Walzen).
?Virbo-Granit (Ostsmåland)
- Alter: Meso-Proterozoikum (Präkambrium, ca. 1.400. Jahre)
- Vorkommen: nördlich Oskarshamn, Ostsmåland (Schweden)
- Merkmal: rotbraune Alkalifeldspäte
- Abbau: bis heute
- Verwendung: z.B. Lessing-Denkmal Hamburg (Reuther & Schröder 2013), Saxonia-Brunnen Chemnitz (Jentzsch & Jentzsch 2013)
Johann Baptist Lingg von Linggenfeld
Johann Baptist Lingg von Lingenfeld (*1765 Meersburg, 1842 Mannheim) war Offizier der Großherzoglich Badischen Armee (zuletzt im Rang eines Generalleutnants).
Diese stritt als Mitglied des Rheinbundes während des Vierten Koalitionskrieges an der Seite der Truppen Napoleons gegen Preußen. Lingg kommandierte als Oberstleutnant
vier Kompanien des nach ihm benannten Jägerbataillons „Lingg“. Zu seinen Aufgaben gehörte es, im Hinterland der Kampflinien für Ruhe zu sorgen.
Nachdem es im besetzten Kurhessen im Dezember 1806 zu Unruhen kam, wurde Lingg zu Weihnachten mit seinem Bataillon nach Hersfeld verlegt. Nachdem die
Einquartierung napoleonischer Truppen zu einem Aufstand im Ort geführt hatte, befehligte Napoleon im Februar 1807, die Stadt an allen vier Ecken anzuzünden und zu plündern.
Lingg führte den Befehl wortwörtlich aus. Er ließ lediglich vier einzeln stehende Gebäude am Stadtrand niederbrennen ohne dass es zu Schäden im Rest der Stadt gab. Die Plünderung
verhinderte Lingg durch eine Ansprache an seine Soldaten, die mit folgendem Wortlaut überliefert ist: „Soldaten! Der Befehl zur Plünderung ist gegeben. Sie ist jedem von
euch erlaubt. Wer dazu Lust verspürt, der trete vor und melde sich — ich hoffe aber nicht, dass ich in Zukunft eine Schar von Räubern statt biederer Deutscher befehligen soll."
(Kraft 2015). Keiner der Soldaten soll vorgetreten sein.
1819 verliehen die hessischen Kurfürsten Wilhelm I. und Wilhelm II. Lingg den „Hausorden vom Goldenen Löwen“. 1827
wurde er mit mit dem Prädikat „von Linggenfeld“ in den erblichen Adelsstand erhoben. 1857 benannten die Hersfelder den Platz, an dem
Lingg seine Ansprache an die Soldaten gehalten hatte, nach ihm. Heute steht hier auch das hier besprochene Denkmal.
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Alle Bilder © Andreas Peterek (Parkstein)
Denkmal Johann Baptist Lingg von Linggenfeld in Bad Hersfeld
Lage:
Linggplatz
36251 Bad Hersfeld
GPS:
50.867414, 9.704684
Entstehungszeit:
1896 (Einweihung am 8. November 1896)
Gesteine:
Fichtelgebirgsgranit
Ochsenkopf-Proterobas
Virbo-Granit
Literatur:
GRIMM, W.-D. (2018): Bildatlas wichtiger Denkmalsteine der Bundesrepublik Deutschland. – Teil I (Textband) & Teil 2 (Bildband), 2. erweiterte Auflage; Ulm (Ebner Verlag).
GÜMBEL, C. W. von (1874): Die paläolithischen Eruptivgesteine des Fichtelgebirges (als vorläufige Mittheilung). – 56 S.; München (Univ.-Buchdruckerei Weiß).
HUGUES, Th., STEIGER, L. & WEBER, J. (2005): Dressed Stone – Types of Stone, Details, Examples. – 134 S.; Basel (Birkhäuser Architecture).
JENTZSCH, F. & JENTZSCH, B. (2013): Chemnitz. - In: SCHROEDER, J.H. (Hrsg.): Steine in deutschen Städten II: 39-50; Berlin (Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V.).
KRAFT, G. (2015): 250. Geburtstag von Johann Baptist Lingg von Linggenfeld. – www.bad-hersfeld.de/sonderseiten/250-geburtstag-von-lingg-von-linggenfeld.html (abgerufen am 29. August 2020).
REUTHER, C.-D. & SCHROEDER, J.H. (2013): Hamburg. - In: SCHROEDER, J.H. (Hrsg.): Steine in deutschen Städten II: 99-110; Berlin (Selbstverlag Geowissenschaftler in Berlin und Brandenburg e.V.).
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